:: Statistik |
|
1.002 Personen
|
365 Familien
|
|
Ortsfamilienbuch Logau
Logau - es gehörte lange denen von Arnold
Ein Beitrag zur Geschichte des Dorfes - Kirche erhalten, Gut weitgehend zerstört
Den folgenden Aufsatz, einen anerkennenswerten Beitrag zu den Ortsgeschichten des Kreises Crossen, schrieb Herr Anton Beyer, Jahnstr. 3 In 7843 Heitersheim. Der Verfasser wurde in Weil am Rhein geboren, ist Jahrgang 1934 und von Beruf Pharma-Referent. Er begann vor etwa sieben Jahren, Familienforschung zu betreiben. Dabei stellte er fest, dass seine Großeltern väterlicherseits aus dem niederschlesischen Kreis Grünberg stammten. Um etwas aber die Geschichte der Wohnorte seiner Ahnen zu erfahren, bestellte er sich kistenweise Bücher, vor allem aus der Bücherei des Deutschen Ostens in Herne, und studierte sie. Weiter knüpfte er über die Heimatortskartei Verbindungen zu vielen Heimatvertriebenen aus dem Grünberger und auch aus dem Crossener Kreis. Schließlich unternahm er In den Jahren 1973, 1974, 1975 und 1976 Reisen in das niederschlesisch-brandenburgische Grenzgebiet, um sich über die Gegend zu informieren und nach Möglichkeiten weitere Quellen für seine Forschungen zu erschließen. Der folgende Beitrag Ist ein Beweis dafür, wie sich Familien- und Heimatforschung gegenseitig ergänzen und befruchten können.
Logau liegt 13 km ostsüdostwärts von Crossen an der alten Heerstraße Berlin-Breslau unmittelbar an der brandenburgisch-schlesischen Grenze. Der Ort hatte vor 1945 rund 250 Einwohner bei einer Gemarkungsfläche von circa 630 ha, von denen über 340 ha zum Gut gehörten. Der Statistiker Bratring bietet in seiner Beschreibung der Mark von 1809 einige genaue Angaben über das Dorf, in dem damals neun Ganzbauern, drei Halbbauern, zehn Kossäten und fünf Büdner wohnten.
Geschichtliche Nachrichten aber Logau gibt, es nur in begrenzter Zahl mit jeweils geringem Umfang. Der Codex diplomaticus brandenburgensis - eine Sammlung geschichtlicher Urkunden erwähnt den Ort nicht. Über den Verbleib der früher beim Magistrat in Crossen aufbewahrten handschriftlichen 14 Bände umfassenden Chronik des um 1700 lebenden Archidiakons Johann Joachim Möller, deren 9. Band die Geschichte der um Crossen liegenden Dörfer behandelt, wissen wir nichts. Hier würden wir möglicherweise interessante Einzelheiten zur Geschichte von Logau erfahren. Die Kirchenbücher könnten uns sicherlich manchen nützlichen Hinweis geben, aber auch sie sind heute nicht mehr auffindbar. Eines dieser Bücher wurde übrigens vom Bruder des bekannten Liederdichters Paul Gerhard, Christoph Gerhard, neu angelegt, der um 1670 als Pastor in Logau wirkte. Nach dem Band "Kreis Crossen" der Veröffentlichungsreihe "Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg", in dem die Logauer Kirche ausführlich beschrieben ist, saßen in dem Ort im Jahre 1583 die "Loger". Zusammen mit den von Doberschütz zu Plau hatten sie ein Lehnspferd zu stellen. 1660 gehörte Logau dem "Advocat und Jurispractico" Michael Magir, der am 29. Dezember 1658 mit dem Prädikat von Logau in den Adelsstand erhoben worden war.
Jedoch bereits 1696 ist Johann von Arnold im Besitz von Logau, welcher 1671 Groß-Lessen erworben hatte. Arnold stammte aus dem Grünberger Stadtpatriziat und hatte sich dort durch den Tuchhandel - seine Beziehungen reichten bis an den kaiserlichen Hof in Wien - ein ansehnliches Vermögen erworben. Ihm war es auch zu verdanken, dass die damals im Kreise Grünberg üblichen grausamen Hexenprozesse ein vorzeitiges Ende fanden. Er fuhr 1663 mit einer Klageschrift nach Wien, worauf der Kaiser 1665 und nochmals 1669 weitere Hexenprozesse verbot.
Mit dem Erwerb von Logau durch von Arnold begann vor allem für die kirchlichen Belange des Ortes eine glückliche Zeit. Er ließ die sechseckige steinerne Kirche erbauen, die jetzt noch steht.
Eine Inschrift, die heute noch über dem Eingang zu lesen ist, sagt aus, dass er das Gotteshaus auf eigene Kosten errichten ließ. Sie lautet vom Lateinischen ins Deutsche übersetzt:
"Dem dreimal besten und dreimal größten Gotte, dem ewigen Quell der Güte, aus dem alles, was sie sind und haben, geflossen ist, erbauen für die unzähligen Wohltaten, die sie unwürdig empfangen, dieses heilige Gebäude zu seinem größeren Ruhme aus eigenen Mitteln, widmen und weihen es dankbaren Sinnes und überlassen es demütig zu eigenem und der Ihrigen Heil als niedrigste Knechte Gottes die Ehegatten Johann von Arnold und Dorothea von Jeuthe, die Erbsassen zu Groß-Lessen, Wenig-Lessen, Läsgen, Seedorf, Seiffersholz, Schertendorf, Plothow, Jonasberg und Logau im Jahre 1698".
Wie aus der Inschrift ersichtlich, besaß die Familie von Arnold um diese
Zeit bereits mehrere Güter im benachbarten Kreis Grünberg.
Von dieser Familie wurden der Kirche auch viele sakrale Gegenstände gestiftet, z. B. eine als muschelhaltende Engelsfigur durchgebildete Taufe, zwei Altarleuchter und drei Deckelkannen aus Zinn. An der Decke der Kirche sehen wir heute noch das Doppelwappen von Arnold und von Jeuthe. (seit 1980/90 nicht mehr! und ebenso sind die deutschen Inschriften (Bibelverse) auf den Bildtafeln rund um die Emporenbrüstung übermalt worden)
Über dem Altar waren früher die Wappen der Familien von Arnold und von Unruh angebracht. Sie sind jetzt nicht mehr vorhanden. Johann von Arnold starb im Jahre 1700, seine Gattin 1705. Einer seiner Söhne, Karl Ludwig von Arnold, ließ sich in Läsgen ein neues Schloss erbauen. Als er es am 8. November 1716 bezog - er war seit 1709 bereits mit Eleonore von Unruh verheiratet - dichtete der damals in Logau amtierende Pfarrer Martin Kitzing das Paar schwülstig an, ihn als weisen Salomo und sie als Abigail feiernd. Die überwiegend evangelische Bevölkerung von Groß- und Wenig-Lessen hielt sich schon immer zur Logauer Kirche, da es in Groß-Lessen nur ein katholisches Gotteshaus gab. Das evangelische Pfarrerbuch für die Mark Brandenburg weist nach 1774 keinen Geistlichen mehr für Logau aus, und nach einer Aussage der "Kunstdenkmäler" wurde die Kirche 1877 mit Thiemendorf verbunden.
Auf Ludwig von Arnold folgte Freiherr Sigismund von Arnold, der Logau seinem Adoptivsohn Johann Christian vererbte. Johann Christian von Arnold heiratete zweimal, zuerst Sophie Caroline von Ehrenberg und danach Franziska von Ehrenberg. Er scheint mit diesen beiden Frauen sehr glücklich gelebt zu haben. Denn im Jahre 1827 bat er den König um Erlaubnis, seinem Namen den Namen Ehrenberg hinzufügen zu dürfen. Er schrieb, dass er dieser Familie sowie seinen beiden Frauen sein Lebensglück sowie auch sonst viel zu verdanken habe und außerdem diese Familie Martin Luther zu ihren Vorfahren zählen könne. Am 17. Januar 1828 erhielt er die Erlaubnis, sich fortan "von Arnold-Ehrenberg" nennen zu dürfen. Er starb am 29. Dezember 1849 kinderlos als letzter seines Geschlechts, wahrscheinlich auf Logau, da er Läsgen und Groß-Lessen schon zuvor an die Gebrüder Lindheim verkauft hatte, von welchen diese Güter an den Freiherrn Hans Adolph von Kottwitz auf Cossar übergingen.
Nach Johann Christian von Arnolds Tod kam Logau in den Besitz der Familie von Ehrenberg. Franz von Ehrenberg übergab das Gut seinem Sohn Heinz, von welchem es dessen Schwester Elly übernahm. Diese war mit dem Administrator Karl Redlich verheiratet, der keine glückliche Hand gehabt zu haben scheint. Denn das Gut kam immer mehr herunter, bis es endlich 1921 die Familie Goldner übernahm, die es bis zum Kriegsende besaß.
Jetzt gehört Logau zur Wojewodschaft Zielona Gora (Grünberg) und heißt auf Polnisch Lagow. Das Gut ist weitgehend zerstört, ebenso die Familiengruft derer von Arnold, die hinter der Kirche direkt an der Mauer lag. Auf dem Friedhof findet sich noch ein mit reichem Rokokoornament verzierter Grabstein. Er erinnert an Friedrich Siegismund Martin, geb. am 23. Mai 1780 zu Läsgen, gestorben im Alter von 16 Jahren, zehn Monaten und einigen Tagen. - Wer war er wohl?
Schönes Angerdorf an der schlesischen Grenze - Annchen und Hermann Noack schufen die "City"
"Rusdorf, Gersdorf, Plau, Grunow, Logau und Groß-Lessen", in dieser Reihenfolge lernten die Crossener Kinder im 3. Volksschuljahr die Namen der Dörfer an der Grünberger Chaussee auswendig. Logau, die letzte märkische Ortschaft, lag ziemlich genau auf halber Strecke zwischen Berlin undBreslau, 149 km von der Reichshauptstadt und 150 km von der schlesischen Metropole entfernt. Die Reichsstraße 5 lief durch das Angerdorf genau in West-Ost-Richtung. Die rund 240 Einwohner errangen für ihren Heimatort den Titel "Schönes Dorf", so einen Wettbewerb gab es damals schon. Bausteine für diesen Erfolg waren unter anderem die barocke Zentralbaukirche, die schon mehrfach in den "Heimatgrüßen" beschrieben worden ist, die Linden und Akazien, welche die Hauptstraße säumten, und die wohl einst zur Seidenraupenzucht angepflanzten Maulbeerbäume an der "kleinen Seite", wie man die Straße an der Nordseite des Angers nannte.
Auf dem Anger reihten sich von West nach Ost das Kriegerdenkmal, das Spritzenhaus, das Anwesen von Fleischer Tschiche, der Friedhof mit der Kirche, das Gasthaus und ein freier Platz, der "Bergan" oder "Bergang" hieß, aneinander. Beiderseits davon standen die Häuser der Bauern, Gewerbetreibenden und Arbeiter. Deren Reihe setzte sich jeweils auch noch ein Stück westlich und östlich des Angers an der Straße fort. Man unterschied vom Mittelpunkt Kirche aus das Unterdorf Richtung Crossen und das Oberdorf Richtung Grünberg. Lassen Sie sich, liebe Leserin, lieber Leser, einmal von mir, einem Logauer Kind, in Gedanken durch mein etwa 1 km langes Heimatdorf führen! Sie werden sehen, es gab da allerlei Bemerkenswertes und Erinnerungswürdiges:
Vom Grunower Berg kam man durch schöne pilzreiche märkische Heide nach Logau. Wo innerhalb der Ortslage beiderseits die ersten Feldwege abzweigten, lag rechts Tschiches Wiese. Dort fanden unsere Kinderfeste statt. Wir wurden dafür stets fein gemacht und führten den Eltern Reigen und Spiele vor. Ich erinnere mich auch noch gut an einen Verkaufsstand, wo man sich zur Stärkung warme Wurst und Semmeln holen konnte.
Nach einer leichten Kurve ging links der Weg nach Thiemendorf ab. Dort war, noch ein ganzes Stück hinter der Nachbarortschaft, unsere Bahnstation. Allerdings nutzten einige Einwohner auch den noch weiter entfernten, aber über eine bessere Straße erreichbaren Bahnhof Schlesisch-Nettkow. Meine Großmutter erzählte mir, dass die Bahn über Logau gebaut werden sollte. Aber die Bauern seien nicht bereit gewesen, Land dafür herzugeben. Ob das stimmte, weiß ich nicht. Zweifel an der Überlieferung sind jedenfalls erlaubt, denn für den Schienenstrang Leipzig-Posen bot sich ja der Rand des Odertales als kürzester und ebener Verlauf zwischen Guben und Rothenburg an.
Ein paar Schritte weiter sahen wir links das Herrenhaus und den Gutshof von Erich Goldner liegen. Wir Logauer sprachen stets vom "Rittergut". Der Begriff erinnerte an die Zeiten der adligen Herrschaft der Loger und derer von Arnold. Vor dem Schloss lag an der Straße der Feuerlöschteich, die "Hofe Kuppe". Wenn im Winter das Eis hielt, tobten wir Kinder des Unterdorfs darauf mit Schlitten, Schlittschuhen (sofern vorhanden) oder schlicht mit "Drahtlatschen" herum. Bei letzteren handelte es sich um erschwinglichen Schlittschuh Ersatz, um Holzpantoffeln mit je zwei dicken Drähten darunter. Die vom Oberdorf hatten ihren eigenen Feuerlöschteich und Wintersportplatz, "Hanolds Pudel". Wenn die sich zu uns oder wir uns zu ihnen wagten, gab es manchmal heftige Kämpfe.
Mitten im Dorf befand sich rechts unsere Schule. Im Winter sorgte im einzigen Klassenraum ein großer Kachelofen für angenehme Wärme. Lehrer Reinhold Dictus haben wir viel zu verdanken. Mit großer Geduld unterrichtete er alle acht Jahrgänge gleichzeitig, vermittelte er uns geistiges Rüstzeug fürs Leben. Zum "Singen" kam er mit seiner Geige. Handarbeiten lehrte uns Mädchen seine Frau Else. Ein Turnplatz hinter der Schule bot genügend Raum zum Toben. Bei Ausflügen, z. B. in die Treppeler Berge, trug der Herr Lehrer gern Knickkerbocker, was für uns Kinder immer ein Anlass zum Kichern war.
Ebenfalls rechts, der Kirche gegenüber, stand vor Liebigs Grundstück ein Schilderhaus, das dem Nachtwächter als Wetterschutz diente. Das Amt übte viele Jahre mein Großvater, der alte Kubenk, aus, der trotz einer rechtsseitigen Lähmung durch Schlaganfall noch recht beweglich war. Abends so gegen zehn zog er los, bei kaltem Wetter mit schafswollgefüttertem Mantel und einer Pelzmütze. Um den Hals hatte er das Feuerhorn gehängt und in der Hand einen Stock. Die Jungen waren natürlich in Logau nicht besser als anderswo. Wenn Großvater den Schlüssel vom Schilderhaus abzuziehen vergaß, schlossen sie ihn ein. Dann schimpfte er und trommelte mit dem Stock gegen die Tür. Wenn ihn jemand herausließ, hatte er schon wieder alles vergessen.
Auf dem Anger ostwärts vom Friedhof betrieb der "fixe Wilhelm" (Wilhelm Fix) seine Gastwirtschaft. Dorthin ging man, um sich zu unterhalten und um einen zu heben oder zum Tanzvergnügen. Der "fixe Wilhelm" war ein freundlicher "Krieger" (Krüger=Wirt). Für den, der kein Geld bei sich trug, schrieb er gern an. Er hatte dafür ein dickes Buch und somit immer Gäste. Im großen Saal nebenan fanden die Feste, z. B. der Maskenball und der Feuerwehrball, statt. Wir Kinder der Vorkriegszeit durften nur von außen durch die Fenster schauen. In späterer Stunde nahmen uns aber geschlossene Vorhänge die Sicht.
Auf dem freien Platz neben dem Gasthof lagerten manchmal Zigeuner. Hin und wieder baute fahrendes Volk auf dieser Wiese zwischen Hauptstraße und "Kleiner Seite" ein Karussell sowie Schieß und Würfelbuden oder sogar einen ganz kleinen Zirkus auf. Schräg gegenüber vom Tanzsaal war rechts das Bürgermeisteramt. Dort amtierte von 1924 bis 1945 mein Großonkel Hermann Tschiche als Gemeindevorsteher. Sein Vater Wilhelm Tschiche, mein Urgroßvater, war von 1893 bis 1918 Bürgermeister gewesen. Dieser wirkte von 1918 bis 1930 als Standesbeamter. Von 1918 bis 1924 hatte der Bauer Kockegey das Bürgermeisteramt inne.
Im Oberdorf folgt (auch heute) dem Anger ostwärts fast so etwas wie ein Straßenkreuz. Südlich (rechts) zweigen die Wege nach Treppeln und Schlesisch Drehnow ab, in Nordrichtung verläuft (links) der Weg nach Wenig Lessen. Im Winkel zwischen der Hauptstraße und dem Treppelner Weg hatten Annchen und Hermann Noack ihr Geschäftsgrundstück. Sie entwickelten es zur "City" des Dorfes. "Noack an der Ecke handelt mit jedem Drecke", spotteten die Logauer. Doch in dem Geschäftshaus mit den zwei Schaufenstern gab es wirklich alles: Kleidung, Drogerieartikel, Schreibwaren, Putzmittel, Kurzwaren, Holzpantoffeln, sämtliche Lebensmittel einschließlich Sauerkraut vom Fass und Hering aus der Tonne. Natürlich standen da auch herrliche große Gläser gefüllt mit bunten Bonbons und es fehlte Priem aus der Steindose, den mein Großvater regelmäßig kaufte, nicht im Angebot.
Noacks verwalteten die Poststelle mit Briefkasten und öffentlichem Telefon. Sie besaßen das erste Auto im Dorf, einen kleinen Pritschenwagen mit einer Gummiballonhupe außen neben dem Fahrersitz, dessen Motor noch mit einer Handkurbel angeworfen wurde. Dadurch waren sie beweglich in allen Geschäftsdingen. Insbesondere konnten sie die in der Saison vor allem von den Kindern des Orts gesammelten Pfifferlinge, Steinpilze und Grünlinge aufkaufen und abends zur Bahn bringen, so dass sie am nächsten Morgen frisch auf die Großstadtmärkte kamen. Hermann dehnte seine wirtschaftlichen Aktivitäten sogar bis in den Nordkreis aus. Dort pachtete er bei Griesel eine Kirschenallee. Wenn die Früchte reif waren, nahm er Logauer Pflückerinnen mit, die ihm dann auch halfen, die gefüllten Spankörbe zur Bahn zu bringen. Als der Kraftfahrzeugverkehr zunahm, ließ das wahrlich clevere Ehepaar auch noch eine Tankstelle vor seinem Haus auf halbem Weg zwischen Breslau und Berlin bauen, Dank Noacks und der Reichsstraße, an der 1000 m hinter Logau die Mark aufhörte und Schlesien begann, belebte der Pulsschlag der großen weiten Welt Jahr für Jahr stärker unser liebes kleines Dorf.
Gerda Lorenz
Beim Backen schmeckte den Kindern der "Pluatz"
In Logau war rund um's Jahr allerlei los - Groß- und Wenig-Lessen gehörten zum Kirchspiel
Obwohl mein Heimatdorf Logau nur um 250 Einwohner hatte, war dort eigentlich immer für Abwechslung und Unterhaltung gesorgt. Eine nicht kleine Rolle dabei spielten die Hochzeiten. Geheiratet wird ja rund ums Jahr. Da die im Kreis Grünberg gelegenen Nachbardörfer Groß- und Wenig-Lessen zu unserer Kirchengemeinde gehörten, blieb die Zahl der Trauungen nicht gering. Wenn solch ein Ereignis stattfand, waren die Logauer Jungen sehr aktiv. Rollten die Hochzeitskutschen an, standen sie rechtzeitig mit langen Stricken an "Stellmachers“ Ecke und sperrten die Zufahrt. Der Bräutigam und die männlichen Insassen der folgenden Kutschen mussten sich dann den Zugang zum Gotteshaus erkaufen. Sie taten das, indem sie kleine Münzen - meist "Sechser" auf die Straße warfen. Wir Mädchen wurden an diesem Geldsegen nicht beteiligt. Wir Logauer waren übrigens nicht die einzigen Kreis-Crossener, die zusammen mit schlesischen Nachbarn die Gottesdienste feierten. Nach Lippen (Sprengel Treppeln) kamen die Einwohner von Schöneich, und in der Weißiger Kirche erschienen die Evangelischen aus Paganz, Poydritz und Tschirkau, außerdem noch die Legeler, die jenseits des Bobers im Kreis Sorau wohnten. Wahrscheinlich gab es für dies Nichtübereinstimmen der politischen und kirchlichen Grenzen historische Gründe, bedingt durch die zeitweilige Zugehörigkeit Schlesiens zum katholisch regierten Österreich und durch die Gegenreformation. Allerdings wohnte in Logau seit 1774, also seit der Zeit des "Alten Fritz", kein Pfarrer. In meinen Logauer Jahren kam der Pastor aus Plau herüber.
Teil unseres Brauchtums war das Brotbacken im gemauerten Backhaus hinter den Scheunen. Wir Kinder fanden uns stets gern dazu ein, denn zuerst kam der "Pluatz" aus dem Ofen. Das war Brotteig, den die Mütter auf einem Blech ausgerollt hatten. Er wurde mit Sahne bestrichen, mit Zucker bestreut und warm verteilt. Er schmeckte ganz köstlich.
Auch in unserem verhältnismäßig kleinen Dorf herrschte reges Vereinsleben. Die Schützengilde Logau-Treppeln hatte ihren Schießstand in Tschiches Heide, und übte dort "Aug' und Hand fürs Vaterland". Weiter bestanden ein Sportverein, ein Junglandbund, ein Kriegerverein und natürlich die Feuerwehr. Wenn die letztere zu ihrem Vereinsvergnügen einlud, fand eine Stunde vor Beginn ein Kinderball – natürlich ebenfalls im großen Saal des Gasthauses Fix - statt.
Die Jugend traf sich gern am "Bergang", dem kleinen Platz neben dem Gasthofsaal, wo dann und wann ein Karussellbesitzer oder ein kleiner Zirkus Station machte, sowie an Noacks Ecke (mit Tankstelle). Die eignete sich vorzüglich fürs Räuber-und-Gendarm-Spielen, weil an der Straßengabelung Richtung Schlesisch-Drehnow und Treppeln Müllers lange Fliederhecke und Jährlichs Scheune herrliche Verstecke boten. Im Herbst ging man von Haus zu Haus "Pflaumen pellen". Die Familien halfen sich gegenseitig, ganze "Schwingen" voll Pflaumen auszusteinen. Die Früchte wurden dann sofort in großen Kesseln eingekocht. Das Mus stellten wir in irdenen Schüsseln und Töpfen in den von der Brotzubereitung noch warmen Backofen, damit sich oben eine Kruste bildete, die den Aufstrich haltbar machte.
Nach Einzug des Winters standen die "Federbälle" auf dem Abendprogramm. Nachbarinnen und Verwandte (miteinander verwandt war sowieso das halbe Dorf) halfen sich gegenseitig dabei, die angefallenen Gänse- und Entenfedern zu schleißen. Hinterher gab es jeweils Kaffee und Pfannkuchen, letztere waren für uns Kinder natürlich das wichtigste an den abendlichen Aktionen. Von unserem "Wintersport' mit Schlitten und Drahtpantoffeln auf "Hanolds Pudel" im Oberdorf und auf dem "Hofe Kuppe" genannten Teich im Unterdorf ist ja schon im vorhergehenden Artikel erzählt worden.
Meine am weitesten zurückreichende Erinnerung an Vorgänge in Logau betrifft den Brand der Wind- und Motormühle. Der muß 1928 oder eher gewesen sein, denn ich ging damals noch nicht zur Schule und wurde 1929 eingeschult. Am Tag nach dein Feuer näherte ich mich mit einem kleinen Handwagen neugierig der Brandstelle. Dort wurde ein angrenzender Keller, der unter Wasser stand, ausgepumpt. Die Helfer, die aufräumten, packten mir meinen Wagen voller Milliarden- und Millionen-Geldscheine aus der Inflationszeit. Die waren natürlich völlig wertlos, aber ich kam mir damals schrecklich reich vor.
Lieselotte Kummer
Quellen:
- Standesamt Plau 1874-1907
- Grundbücher des Ortes
- Archivsammlung Wilhelm Jensch
- private Informationen
|
|