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Ortsfamilienbuch Reischdorf
Quelle für Foto: http://www.zanikleobce.cz/index.php?lang=d&detail=10270
Reischdorf (cz. Rusová) war eines der größten Dörfer auf der böhmischen Seite des Erzgebirges in Tschechien an der Grenze zu Sachsen und schloss sich unmittelbar an die Bergstadt Pressnitz (cz. Prísecnice) in südöstlicher Richtung an. Ebenso wie Pressnitz und der Nachbarort Dörnsdorf (cz. Dolina) wurde Reischdorf 1973/74 für den Bau der Talsperre Pressnitz aufgegeben und fast alle Häuser abgerissen.
Reischdorf war ein Straßendorf auf einer Seehöhe von 730-824m, das sich auf fast zwei Kilometern Länge von Pressnitz aus auf beiden Seiten des von Südosten kommenden Baches und der Straße nach Sonnenberg bergauf zog. Diese Straße gabelte sich dann im oberen östlichen Teil von Reischdorf: Geradeaus (“Pfannenstiel”) ging es weiter bergauf nach Sonnenberg und Wohlau, wo auch der Ortsteil Berghäuser auf dem Weg nach Wohlau lag (daher die Bezeichnung “aufm Berk”); der südliche Abzweig (“Gabel”) führte nach Kretscham, Neudörfl und Pöllma.
Die Einwohnerzahl von Reischdorf lag nach dem Dreißigjährigen Krieg bei ca. 230 Personen (1651), stieg dann kontinuierlich auf nahezu 3,600 Personen (1900) in 342 Häusern, bevor sie bis zum Ausbruch des 2. Weltkriegs auf etwa 2,100 Personen zurückging. Nach dem Krieg und der Vertreibung der deutschstämmigen Einwohner verfiel Reischdorf zunehmend: 1947 hatte Reischdorf noch 485 Einwohner, in den nächsten zwanzig Jahren wurden viele der leerstehenden Häuser gesprengt, so dass im Jahre 1970 nur noch etwa 200 Personen in 52 Häusern lebten. Da sich Reischdorf (wie auch Pressnitz und Dörnsdorf) in der Schutzzone des geplanten Trinkwasserreservoirs befand, wurden die wenigen verbleibenden Einwohner zu Beginn des Baus der Talsperre umgesiedelt, die Häuser abgerissen und Reischdorf schließlich amtlich aufgelöst.
Wann genau Reischdorf entstanden ist, bleibt unklar. Ein erster Hinweis auf “Reuzentorff” findet sich in einer Urkunde vom 4. Dezember 1367, doch bestand eine Siedlung vermutlich schon viel früher. Die Gründung von Reischdorf ist im Zusammenhang mit dem Bergbau zu sehen, da in der Zeche Martin Eisenerz gefördert wurde. Auch das Fuhrwesen spielte somit eine Rolle, um das Erz zur Schmelze zu transportieren und Material heranzubringen.
Dieser Bergbau fand jedoch mit dem Dreißigjährigen Krieg ein Ende, auch wenn später erneut “Wiederbelebungsversuche” unternommen wurden. Somit bildete dann die kärgliche Landwirtschaft in dieser Gebirgsregion die Lebensgrundlage, und da diese nicht ausreichend war, begann man zunehmend, in Heimarbeit Spitzenwaren, Wirkwaren und Handschuhe herzustellen und diese im Hausierhandel zu verkaufen. Außerdem betrieben einheimische Fuhrleute den Transport von Getreide, Salz, Holz usw. zwischen den Städten Leipzig und Prag, aber auch weiter bis nach Wien und Budapest.
Seit 1872 besaß Reischdorf auch gemeinsam mit Pressnitz einen eigenen Bahnhof, der oberhalb von Reischdorf an der Bahnstrecke Komotau-Weipert lag. Damit wurde zwar einerseits die Verkehrsanbindung erheblich verbessert, gleichzeitig bedeutete die neue Konkurrenz der Eisenbahn jedoch das schnelle Ende des Fuhrwesens.
Wie in vielen Orten der Gegend spielte im 19. Jahrhundert auch in Reischdorf das Musikwesen eine bedeutende Rolle, und die Musikgruppen gingen “auf Tournee” in eine Vielzahl von Ländern. Vor allem ab 1850 wurde dann auch eine ganze Reihe von “Reischdorfern” im Ausland während der Musiktourneen geboren, z. B. in Osteuropa, Nordafrika und dem Mittleren Osten. Auch Trauungen der Musikereltern aus Reischdorf sind notiert aus verschiedenen europäischen und außereuropäischen Ländern.
Eine detaillierte Beschreibung von Reischdorf mit wichtigen Geschichtsdaten, Geschichten, Fotos etc. findet sich bei https://reischdorf.lima-city.de
Quellen:
Das Ortsfamilienbuch Reischdorf basiert auf drei Gruppen von Quellen: Kirchenbüchern, Grund- bzw. Gerichtsbüchern und Einwohnerlisten/Steuerlisten:
1. Kirchenbücher:
Reischdorf gehörte zur Pfarrei Pressnitz (cz. Prísecnice), die Kirchenbücher sind beschrieben unter http://www.genealogienetz.de/reg/SUD/kb/pressnitz.html, befinden sich im Archiv Leitmeritz (cz. Litomerice) und sind unter http://vademecum.soalitomerice.cz online einsehbar (Signatur L137, teilweise L125).
Die Einträge für Reischdorf sind überwiegend erfasst in separaten Kirchenbüchern für Reischdorf, nur in der Frühzeit in den Kirchenbüchern von Pressnitz, teilweise überlappend:
- L137/1: Taufen 1659-1711
- L125/1: Taufen Kirchenbezirk Pressnitz 1688-1716 (incl. Reischdorf; von 1688-1711 überlappend mit L137/1, von 1713-1716 überlappend mit L137/2)
- (keine Taufeinträge 1712 im Reischdorfer Taufbuch, nur in L125/1)
- L137/2: Taufen 1713-1740
- (keine Taufeinträge 1747-1752, nur Indexbuch L125/A; keine Trau- und Bestattungseinträge 1743-1752)
- L137/3: Taufen 1740-1770
- L137/4: Taufen 1771-1784
- L137/5: Taufen 1784-1809
- L137/6: Taufen 1810-1824
- L137/7: Taufen 1825-1845
- L137/8: Taufen 1845-1862
- L137/9: Taufen 1863-1877
- L137/10: Taufen 1878-1886
- L137/11: Taufen 1887-1894
- L137/12: Taufen 1895-1902
- L137/25: Taufen 1903-1911
- L125/1: Trauungen Kirchenbezirk Pressnitz 1688-1716 (incl. Reischdorf)
- (keine Traueinträge 1717-1726)
- L125/2: Trauungen Kirchenbezirk Pressnitz 1727-1747 (incl. vereinzelt Reischdorf)
- L137/13: Trauungen 1743-1770
- L137/14: Trauungen 1771-1784
- L137/15: Trauungen 1784-1830
- L137/16: Trauungen 1831-1864
- L137/17: Trauungen 1865-1889
- L137/18: Trauungen 1890-1899
- L137/24: Trauungen 1900-1923
- L137/1: Bestattungen 1666-1711
- (keine Bestattungseinträge 1712-1739)
- L137/19: Bestattungen 1740-1770
- L137/20: Bestattungen 1771-1784
- L137/21: Bestattungen 1785-1825
- L137/22: Bestattungen 1825-1875
- L137/23: Bestattungen 1876-1907
2. Grund- bzw. Gerichtsbücher:
Die Grund- bzw. Gerichtsbücher für Reischdorf dokumentieren Käufe/Verkäufe von Haus und Grund sowie Erbfälle und beginnen 1614. Die Bücher befinden sich in Leitmeritz (cz. Litomerice) und sind nur vor Ort einsehbar. Ausgewertet wurden:
- Grundbuch 1 (Pr23): Zeitraum 1614-1679
- Grundbuch 2 (Pr24): Zeitraum 1678-1716
- Grundbuch 3 (Pr25): Zeitraum 1716-1748
- Grundbuch 4 (Pr26): Zeitraum 1739-1761
- Grundbuch 5 (Pr27): Zeitraum 1760-1772
- Grundbuch 6 (Pr28): Zeitraum 1771-1790
- Grundbuch 7 (Pr29): Zeitraum 1790-1807
- Grundbuch 8 (Pr30): Zeitraum 1807-1814
- Grundbuch 9 (Pr31): Zeitraum 1814-1834
3. Einwohnerlisten/Steuerlisten:
- Urbar 1602: Der Urbar von 1602 für die Herrschaft Pressnitz listet die Grunduntertanen in Reischdorf und ihre zu erbringenden Abgaben und Leistungen auf (Quelle: Státní ústrední archiv, Prag)
- Seelenliste 1651 : Im Jahre 1651 wurde landesweit für Böhmen eine Erfassung der Einwohner durchgeführt; diese sogenannte “Seelenliste” weist für Reischdorf 227 Einwohner mit Namen und Alter zum Stichtag 10.6.1651 aus (Quelle: Soupis poddanych podle viry z roku 1651, Zatecko, Magda Zahradnikova, Eva Strejnova, Praha 1997) http://wiki-de.genealogy.net/Böhmen_Literatur
- Berni rula 1654: Die Berni Rula ist ein 1654 erstelltes Untertanenverzeichnis für Böhmen und beinhaltet die namentliche Erfassung der Steuerpflichtigen mit deren zu versteuernden Besitz. Für Reischdorf werden 72 Grundeigentümer namentlich genannt (Quelle: Berni rula 9, kraj Boleslavsky, Ales Chalupa, Jaroslav Cechura, Marie Ryantova, Praha 2002) http://de.wikipedia.org/wiki/Bern%C3%AD_rula
Weitere Quellen für Reischdorf:
Reischdorf – Die Geschichte (Geschichte und Daten zu Reischdorf) http://www.zanikleobce.cz/index.php?lang=d&obec=82
Chronik von Reischdorf (zu finden bei https://reischdorf.lima-city.de)
Ergänzende Ortsfamilienbücher zum Ortsfamilienbuch Reischdorf:
Ergänzend zum Ortsfamilienbuch Reischdorf und weiterführend sind die anderen Ortsfamilienbücher des Pfarrbezirks Pressnitz für Pressnitz http://www.online-ofb.de/pressnitz/, Dörnsdorf http://www.online-ofb.de/doernsdorf/, Christophhammer http://www.online-ofb.de/christophhammer/, Pleil-Sorgenthal http://www.online-ofb.de/pleil_sorgenthal/ und Orpus http://www.online-ofb.de/orpus/.
Kontakt:
Fragen zu den Daten, Ergänzungen und Korrekturen bitte an die Bearbeiter dieses Ortsfamilienbuches:
Eveline Frank info@blumen-wien.at
Klaus Mund mundhome@verizon.net
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